Podotrochlose

Unter einer Podotrochlose versteht man eine Erkrankung im distalen (unteren) Bereich der Gliedmaßen bei Pferden. Synonym werden die Begriffe Hufrollenentzündung, Hufrollennekrose oder Palmar-Huf-Syndrom (PHS) verwendet. Es handelt sich um eine entzündlich-degenerative Veränderung an verschiedenen Strukturen, nämlich an Teilen der tiefen Fesselbeugesehne, dem Strahlbein sowie einem Schleimbeutel. Das Strahlbein agiert als eine Art Umlenkrolle in der Beugebewegung des Hufes, wobei der Schleimbeutel (Bursa podotrochlearis) die Sehne auf dem Knochen abpolstert. Durch genetische Veranlagung oder Überbelastung sowie aus einer Kombination dieser beiden prädisponierenden Faktoren kommt es bei der Podotrochlose zu einer chronisch entzündlichen und strukturellen Veränderung der betroffenen anatomischen Bereiche.

Welche Ursachen hat eine Podotrochlose?

Da die Erkrankung bei Wildpferden nicht auftritt, geht man davon aus, dass die Entwicklung einer Podotrochlose mit einer vermehrten Belastung durch reiterliche Nutzung zusammenhängt. Diese führt zu teilweise unnatürlichen Belastungen in engen Wendungen, bei Dressurlektionen, beim Springen oder im Rennsport, sodass die anatomischen Strukturen der Gliedmaßen vermehrt beansprucht werden und folglich eine Entzündung und Abnutzung entstehen kann. Da der Krankheitskomplex auch bei jungen und reiterlich nicht genutzten Pferden auftritt, ist davon auszugehen, dass in der modernen Pferdezucht eine genetische Disposition für die Hufrollenentzündung vererbt wird. Auch Huffehlstellungen können die Entwicklung eines Hufrollensyndroms begünstigen.

Wie wird eine Podotrochlose diagnostiziert?

Die Diagnose der Podotrochlose wird durch eine tierärztliche Untersuchung gestellt. Diese beginnt in der Regel nach einer Ausführlichen Anamnese (= Aufnahme der Vorgeschichte) sowie einer genauen Betrachtung des Patienten mit einem Vorführen. Im Falle des PHS verschlechtert sich die Symptomatik auf hartem Untergrund. Bei sogenannten Provokationsproben kann das Hufgelenk selektiv gebeugt oder überstreckt werden (z.B. mit der Keilprobe), wodurch sich die Ganganomalie bei einer Podotrochlose verstärkt. Dies kann nach einer positiven diagnostischen Anästhesie (gezielte Schmerzausschaltung bestimmter Bereiche der Gliedmaße von unten nach oben) bereits zu einer Verdachtsdiagnose führen, die anschließend durch bildgebende Verfahren wie Röntgen (oder auch Ultraschall) bekräftigt werden kann. Wirklich beweisend ist nur eine Magnetresonanztomographie (MRT).

Welche Symptome hat ein Pferd mit Podotrochlose?

Die Podotrochlose ist eine entzündliche, degenerative Erkrankung des Strahlbeins, der tiefen Fesselbeugesehne und des zugehörigen Schleimbeutels und dementsprechend schmerzhaft. Je nachdem, ob eine oder beide Seiten (uni- oder bilaterale Podotrochlose) betroffen sind, fallen betroffene Pferde durch einen steifen, „klammen“ Gang und später durch eine anhaltende gering- bis mittelgradige Lahmheit auf. Da die Veränderung meist an beiden Vordergliedmaßen auftritt, wechselt die Lahmheit gelegentlich zwischen rechter und linker Seite. Meist tritt die Lahmheit an den Vordergliedmaßen und mehr oder weniger stark an beiden Seiten auf.

In der Regel verschlechtert sich das Gangbild auf hartem Untergrund, durch Hyperextension bei der Keilprobe sowie in Wendungen. Da die Lahmheit im Falle eines Hufrollensyndroms aus dem unteren Bereich der Gliedmaße kommt, ist die Lahmheit in der Regel eine vermehrte Stützbeinlahmheit, das heißt das Auffußen auf den Boden, ist verkürzt (Im Gegensatz hierzu steht eine durch meist in den oberen Gliedmaßenbereichen verursachte Hangbeinlahmheit, durch die die Vorführphase und dadurch die Schrittlänge verkürzt ist. Bei einer gemischten Lahmheit treten beide Aspekte auf).

Viele Pferde laufen sich unter Belastung ein. Im Stehen zeigen betroffene Pferde oft Unwohlsein und trippeln von einem Bein auf das andere, um die schmerzenden Bereiche abwechselnd zu entlasten, oder stellen ein Bein nach vorne.

Weitere Ursachen zu Lahmheiten beim Pferd finden Sie auf unserer allgemeinen Seite: Lahmheit

Wann und wie häufig muss der Tierarzt kommen?

Eine Podotrochlose verursacht eine anhaltende Lahmheit, die in jedem Fall durch einen Tierarzt abgeklärt werden sollte. Da es sich jedoch um eine chronische Erkrankung handelt, bedarf es in der Regel nur in der Anfangsphase häufigeren Behandlungen. Je nachdem für welche Therapie sich Besitzer und Tierarzt entscheiden, können die Pferde in der Regel gut vom Besitzer zu Hause betreut werden. Jegliche Behandlung und Medikation muss dennoch mit dem Tierarzt abgesprochen werden und nach seinen Anweisungen erfolgen.

Wie wird eine Podotrochlose behandelt?

Für Hufollen–Patienten gibt es derzeit verschiedene Therapieansätze. Wesentlich sind ein orthopädischer Beschlag und kontrollierte Bewegung. Durch den Beschlag sollte das Absinken der Fessel beispielsweise durch einen Steg oder ein Eiereisen begrenzt werden. Zusätzlich können die Trachten höhergestellt und das Auffußen durch Platten oder Kunststoffpolster abgefedert werden.

Schmerzhafte Patienten benötigen ein Antiphlogistikum (Schmerzmittel) wie Metacam, Flunixin oder Phenylbutazon. Aufgrund ihrer Nebenwirkungen sind diese Substanzen jedoch nicht für eine Dauertherapie geeignet. Weitere Möglichkeiten sind Spülungen und Injektionen in das Gelenk und Schleimbeutel sowie diverse chirurgische Verfahren, wie zum Beispiel eine Neurektomie (Nervenschnitt).

Die Wahl und Durchführung der passenden Therapie muss individuell durch den behandelnden Tierarzt erfolgen.

Kann eine Podotrochlose mit Homöopathie behandelt werden?

Die Schmerzen bei einem Hufrollensyndrom sind durch einen entzündlichen und degenerativen Prozess bedingt, der irreversible Schäden an anatomischen Strukturen der Gliedmaßen verursachen. Homöopathische Medikamente versprechen hier trotz ihres breiten Angebots leider keine hinreichende Besserung der Symptomatik. Jedoch kann durch einen geeigneten medizinischen Beschlag und kontrollierte Bewegung auch ohne Medikamente und chirurgische Eingriffe viel erreicht werden.

Wie lange dauert eine Podotrochlose an?

Bei der Podotrochlose handelt es sich um eine chronisch-degenerative Erkrankung, die mit substantiellen Veränderungen der betroffenen Strukturen einhergeht. Diese sind leider durch keine der zur Verfügung stehenden Therapieoptionen rückgängig zu machen. Die Erkrankung wird ab dem Zeitpunkt ihrer Entstehung ein Pferdeleben lang bestehen. Je nachdem wie weit die Erkrankung vorangeschritten ist und wie gut die Patienten auf die gewählten Behandlungen ansprechen, kann eine kurz- oder längerfristige Besserung eintreten, jedoch leider keine Heilung. Irgendwann wird die Degeneration wahrscheinlich weiter voranschreiten und die Lahmheit zurückkehren bzw. sich verschlechtern.

Was kostet eine Behandlung bei Podotrochlose?

Die Kosten für die Therapie einer Podotrochlose sind abhängig von der gewählten Behandlungsoption. Ein orthopädischer Beschlag kostet je nach Aufwand und verwendeten Materialien zwischen 70 und 200€ und muss regelmäßig erneuert werden. Ein Bewegungsplan und dessen Umsetzung erfordern lediglich die Kooperation des Besitzers. Die Schmerzmedikation ist abhängig von Dosierung und gewähltem Wirkstoff sowie vom Gewicht des Pferdes. So kann sie bis zu 10€ pro Tag kosten. Für Gelenksspülungen und Injektionen oder eine Neurektomie ist mit Kosten von mehreren Hundert Euro zu rechnen.

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 02.08.2019 - Letzte Änderung: 10.11.2021