Inkontinenz beim Hund

Bei der Inkontinenz ist es dem Hund nicht mehr möglich den Urin in der Blase zu halten.
Der Harn wird unbewusst über die Harnröhre verloren, dies geschieht immer mal wieder oder ununterbrochen. Eine Inkontinenz kann angeboren oder erworben sein. Bei der erworbenen Inkontinenz, z.B. durch die Kastration, beginnt der Harnverlust meist nachts.

Ursachen

Die häufigste angeborene Ursache der Inkontinenz sind ektopische Ureteren. Das bedeutet, dass der Harnleiter / Ureter nicht direkt in die Blase mündet, wie es sich gehört, sondern in die Harnröhre oder Scheide bei der Hündin.
Die Blase wird durch einen Schließmuskel verschlossen. Funktioniert der Muskel nicht richtig führt das ebenfalls zur Inkontinenz (urethrale Sphincterinkompetenz). Diese beiden Ursachen kommen häufiger auch in Kombination vor.

Beim Rüden können Prostataerkrankungen zur Inkontinenz führen. Zwittrigkeit kann ebenso ein angeborener Auslöser sein. Auch eine Schädigung der Blasennerven ist als Ursache in Betracht zu ziehen.

Selten kann eine Instabilität des Muskels vorliegen, der sich bei der Entleerung der Harnblase kontrahiert (Detrusorinstabilität). Des Weiteren verursachen Zubildungen der Blase, der Harnröhre oder der Vagina unter Umständen eine Inkontinenz. Seltener können Harnsteine oder Fisteln zum unkontrollierten Urinverlust führen.

Kastration

Die Kastration ist ein weiterer Verursacher der Harninkontinenz. Man ist sich allerdings nicht genau darüber im Klaren warum das so ist. Unabhängig von der Operationstechnik kann im Schnitt 2,8 Jahre nach der Kastration eine Inkontinenz auftreten. Zu Beginn verlieren die Hunde den Urin meist beim Schlafen oder Hochspringen. Der Schließmuskel der Blase kann nichtmehr richtig kontrahieren und es kommt zum Harnverlust (Sphincterinkontinenz).
Vor allem große Hunderassen, wie zum Beispiel der Dobermann, Irish Setter, Husky, Bobtail, Boxer oder Riesenschnauzer sind anfällig. Hündinnen sind viel öfter betroffen als Rüden.

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Diagnose

Um eine Inkontinenz zu diagnostizieren erfolgt zunächst eine Urinuntersuchung. Damit kann eine eventuelle Blasenentzündung als Ursache nachgewiesen werden. Anschließend folgt eine Ultraschalluntersuchung von Blase und Nieren, bei männlichen Tieren auch von der Prostata. So können Prostataerkrankungen oder eventuelle Tumoren erkannt werden. Auch Missbildungen, wie beispielsweise ektopische Ureteren lassen sich erkennen. Die Blase wird vor und nach dem Harnabsatz geschallt. Dadurch lässt sich ermitteln wieviel Urin in der Blase verbleibt. Des Weiteren hilft das Röntgen bei der Diagnosestellung.
Auch die Urethrozystoskopie ist ein Hilfsmittel. Hier werden Harnröhre und Harnblase mit einer Kamera untersucht. Eine weitere Möglichkeit der Diagnose ist die Gabe von Medikamenten (Sympathomimetika). Wird dadurch das Problem behoben, hat man es gleichzeitig nachgewiesen.

Behandlung / Therapie

Ektopische Ureteren werden in der Regel chirurgisch behandelt. Die falsch positionierten Harnleiter werden dabei wieder an die richtige Stelle genäht. Bei einer Funktionsstörung des Blasenschließmuskels (urethrale Sphinkterinkompetenz) werden Medikamente verabreicht. Helfen diese nicht oder nicht mehr erfolgt ein chirurgischer oder endoskopischer Eingriff.

Bei der Sphinkterinkompetenz kann man beispielsweise chirurgisch eine Manschette um die Harnröhre legen. Diese Manschette wird von außen mit Flüssigkeit aufgefüllt. Dadurch wird der Druck in der Harnröhre erhöht und der Urin kann nichtmehr einfach herauslaufen.
Zur Druckerhöhung kann auch Hyaluronsäure in die Blasenwand injiziert werden.

Diese Medikamente können helfen

Die Funktionsstörung des Blasenschließmuskels (urethrale Sphinkterinkompetenz) wird in der Regel medikamentös behandelt. Häufig wird der Wirkstoff Ephedrin eingesetzt. Im Handel ist es beispielsweise als Caniphedrin erhältlich.

Es sorgt dafür, dass der Schließmuskel empfindlicher reagiert und dadurch wieder besser funktioniert. Es wirkt sehr gut, allerdings verliert das Medikament seine Wirkung bei 68% der Hunde innerhalb von drei Jahren.
Ein weiteres Mittel gegen Inkontinenz ist Phenylpropanolamin, auch bekannt als Propalin Sirup. Es erhöht ebenfalls den Druck der Harnröhre. Die Erfolgsrate dieses Medikaments ist sogar etwas höher, als die von Ephedrin. Zusätzlich treten weniger häufig Nebenwirkungen auf. Aber Phenylpropanolamin wirkt meist nur zwei Jahre lang.

Als dritte Möglichkeit kann kastrierten Hündinnen Östriol verabreicht werden. Es ist beispielsweise als Incurin erhältlich. Östriol erhöht ebenfalls die Kontraktionskraft des Blasenschließmuskels. Es kann in Kombination mit Ephedrin oder Phenylpropanolamin gegeben werden.

Inkontinenzhose

Im Handel sind verschiedene Inkontinenzhosen erhältlich. Sie werden sowohl für Hündinnen, als auch für Rüden angeboten. Die Funktion dieser Hose besteht darin, den herauströpfelnden Urin aufzufangen. Deshalb enthält diese Hose ein aufsaugendes Material, das bei vielen Hosen gewechselt werden kann oder zumindest waschbar ist. Diese Hose ist auch super geeignet für läufige Hündinnen.

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Windeln

Auch Windeln können zur Inkontinenzhose umfunktioniert werden. Dazu kauft man normale Babywindeln und schneidet ein Loch hinein, für den Schwanz des Hundes. Nun kann die Windel ganz normal angezogen werden. Wichtig ist, dass sie regelmäßig gewechselt wird.
Beim Spaziergang sollte die Windel ganz weggelassen werden, damit die Hündin normal Kot absetzen kann. Beim Rüden muss die Windel weiter vorne angebracht werden und ist deshalb eher ungeeignet. Es gibt allerdings extra angefertigte Hundewindeln zu kaufen, dabei werden auch Rüdenwindeln angeboten. Man kann aber auch kreativ sein und einfach selber basteln.

Wann muss ich zum Tierarzt?

Wenn man bemerkt, dass der Hund dauerhaft unkontrolliert Urin verliert, sollte man mit seinem Tierarzt darüber sprechen.
Aber auch andere Auffälligkeiten, wie beispielsweise vermehrtes Trinken und vermehrter Urinabsatz sind Indikationen für einen Tierarztbesuch. Wird der Hund bereits medikamentös therapiert, sollte man bei eventuellen Nebenwirkungen oder nachlassender Wirkung ebenfalls zum Tierarzt. Ephedrin kann beispielsweise zu Unruhe, Apathie, Hecheln und Ängstlichkeit führen.

Diese Hausmittel können helfen

Bei der Inkontinenz können Kürbiskerne versucht werden. Beim Menschen sollen sie gegen Blasenschwäche helfen und auch beim Hund ist eine Wirkung denkbar. Genau erwiesen ist der Wirkungsmechanismus allerdings nicht, was nicht bedeutet, dass die Kerne keine Wirkung haben.
Man kann die Kürbiskerne als Pulver in der Apotheke kaufen oder man bereitet sie selbst mit dem Hundefutter zu. Als Zusatz können die Kürbiskerne jederzeit geben werden. Setzt man jedoch auf die alleinige Therapie mit den Kernen sollte dennoch der Tierarzt hinzugezogen werden, falls keine Besserung eintritt.

Homöopathie

Homöopathisch kann „Silicium“ verabreicht werden. Das ist eine Mischung aus Cucurbita moschata, Rehmannia glutinosa, Glycine mas, Eucommia ulmoides, Cuscuta chinensis, Dioscorea opposita, Cornus officinalis, Angelica chinensis, Lycium barbarum, Cinnamomum cassia und Magnesiumstearat.
Zusatzstoffe sind Microkristalline cellulose, Crosslinked sodium carboxymethyl cellulose und Silicic acid.
Auch hier sollte der Tierarzt hinzugezogen werden, falls keine Besserung eintritt.

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Dauer

Die Dauer der Inkontinenz hängt von der Ursache und der möglichen Therapie ab. Bei einer Schwäche des Blasenschließmuskels können Medikamente das Harntröpfeln beseitigen. Allerdings lässt die Wirkung der Arzneien bei einigen Hunden nach ein paar Jahren nach. Natürlich hat man Alternativen, bleiben diese allerdings irgendwann auch ohne Wirkung wird der Hund dauerhaft an Inkontinenz leiden.

Der falsch positionierte Harnleiter kann operativ an die richtige Stelle gebracht werden. Die Erfolgsrate der Operation ist allerdings abhängig von der Rasse und der Veranlagung der Hunde. Nicht jeder Hund ist nach einer Operation inkontinenzfrei. Bei männlichen Tieren ist ein Erfolg wahrscheinlicher als bei einer Hündin.  

Prognose - Wann muss mein Hund eingeschläfert werden?

Ein Hund muss nur eingeschläfert werden, wenn der Harnabsatz nichtmehr möglich ist. Giftstoffe werden mit dem Harn ausgeschieden. Kann der Urinabsatz nicht erfolgen wird der Körper vergiftet und der Hund stirbt.

Bleiben eine chirurgische Behandlung und Medikamente ohne Wirkung bleibt der Hund inkontinent. Dies ist allerdings kein Grund dafür das Tier einzuschläfern. Natürlich ist es für den Besitzer lästig ständig Urintropfen vorzufinden, aber dafür gibt es Inkontinenzhosen oder man zieht dem Hund im Haus Windeln an.

Kosten für die Behandlung

Eine Packung Caniphedrin mit 100 Tabletten kostet ca. 22€. Für eine Größere Packung mit 500 Tabletten bezahlt man ca. 76 bis 110€. Es kommt darauf an wieviel mg benötigt werden. Eine Flasche Propalin kostet um die 30€. Was preislich günstiger ist hängt von der benötigten Dosierung und der Packungsgröße ab. Am besten beratschlagt man sich darüber mit dem Tierarzt.
Eine Packung Incurin mit 30 Tabletten kostet ca. 20€.

Für einen chirurgischen oder endoskopischen Eingriff bezahlt man natürlich mehr. Nur für die Einpflanzung des Harnleiters in die Harnblase bezahlt man ca. 250 – 750€. Hinzu kommen die Kosten für die Verbrauchsmaterialien, die Narkose, Medikamente nach der OP und der stationäre Aufenthalt. Am Besten informiert man sich vor der Operation über die Kosten bei  seinem Tierarzt oder der Tierklinik.

Weiterführende Informationen

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 04.09.2018 - Letzte Änderung: 10.11.2021