Nierenversagen beim Hund

Rund 4 Prozent der Hunde erkranken in ihrem Leben an einer Nierenerkrankung, dabei sind ältere Tiere häufiger betroffen als junge. Als Nierenversagen bezeichnet man das Endstadium einer solchen Erkrankung, bei der die Nierenfunktion zunehmend oder plötzlich derartig gestört ist, dass Schadstoffe (sogenannte „harnpflichtige Substanzen“) nicht mehr aus dem Körper eliminiert werden können und im Körper des Hundes Schaden anrichten.

Im Wesentlichen lassen sich zwei Prozesse unterscheiden: Die chronische Nierenerkrankung, bei der degenerative (abbauende) und anhaltende nierenschädigende Prozesse eine Rolle spielen und die akute Nierenerkrankung, bei der wiederum plötzlich auftretende Ursachen wie Vergiftungen oder Durchblutungsstörungen der Auslöser eines Nierenversagens sein können.

Ursachen

Die Ursachen für eine Nierenerkrankung sind sehr komplex, ebenso wie die Erkrankung an sich. Ursächlich für ein Nierenversagen ist allerdings immer die Zerstörung von Nierenstrukturen, also den einzelnen Zellen und den funktionellen Einheiten (Nephrone) und damit ein Funktionsverlust der Niere.

Gründe für die Zerstörung von Zellen sind zum Beispiel Infektionen mit Leptospiren oder Bakterien der Familie Enterobacteriaceae (z.B. Escherichia Coli). Diese können auf verschiedenen Wegen in die Niere gelangen und diese besiedeln. Eine Infektion kann sich entweder in einem akuten Krankheitsverlauf widerspiegeln oder eine chronische Form annehmen.

Eine weitere Ursache ist eine Obstruktion (unvollständig bis vollständiger Verschluss) der harnableitenden Wege. Hierbei kommt als Ursache in den meisten Fällen eine Problematik mit Harnsteine in Frage. Kommt es zu einer Einengung der harnableitenden Wege staut sich der Urin zurück in die Niere und baut dort in der Folge einen Druck auf das Nierengewebe auf, wodurch dies geschädigt werden kann. Im Zuge dessen können auch Bakterien mit dem Urin in die Nieren aufsteigen und dort Entzündungen verursachen.

Gründe für ein akutes Nierenversagen kann man vor allem in einer Minderversorgung oder einer Vergiftung finden.

  • Minderversorgungen kommen bei starken Blutverlusten vor, ebenso wie bei einem Schock, bei dem das Blut zentralisiert wird und die Nieren mehr oder weniger lang nicht mehr ausreichend versorgt werden.
  • Vergiftungen, zum Beispiel mit Frostschutzmittel, Trauben oder auch durch Medikamente können zu einem akuten Nierenversagen führen.

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Sicherlich sind die genannten Gründe die häufigsten, allerdings müssen auch eher nicht so häufige Ursachen in Betracht gezogen werden. So kann ein Tumor ebenfalls die Nierenfunktion einschränken, ebenso wie Ablagerungen von Produkten verschiedener Autoimmunerkrankungen und altersbedingt abbauende Prozesse.

Diagnose

Die Diagnose einer Nierenerkrankung wird durch eine Kombination verschiedener Methoden gestellt.

Grundsätzlich gilt, dass Nierenschädigungen erst sehr spät anhand von Blutparametern sichtbar werden, da der Körper die fehlende Funktion sehr lange kompensieren kann. Erst ab einem Verlust der Nierenfunktion von etwa 75 % sind Blutparameter erhöht und man spricht von einem Funktionsverlust.

  • Ein erster Hinweis kann bei einer Blutuntersuchungen erkannt werden, wobei vor allem das Kreatinin, ein Stoffwechselprodukt des Kreatins, dass durch die Niere ausgeschieden wird, eine Rolle spielt. Ist die Niere in ihrer Filterfunktion beeinträchtigt, kann sie das Kreatinin nicht mehr adäquat aus dem Körper schleusen und der Blutspiegel steigt an.
  • Ein weiterer Blutparameter ist der Harnstoff, wobei in Grunde der gleiche Mechanismus gilt wie beim Kreatinin. Der Harnstoff kann allerdings auch aufgrund anderer Ursachen erhöht sein, weshalb eine Kombination beider Blutparameter die Aussagekraft erhöht.
  • Weiter kann im Blutbild ein Hinweis auf eine Entzündung vorliegen oder weitere Parameter, wie das Phosphat oder der ph-Wert des Blutes zur Diagnosestellung hinzugezogen werden.

Neben dem Blut ist auch der Urin sehr aussagekräftig.

  • Über das sogenannte spezifische Gewicht lässt sich die Konzentrationsfähigkeit (und damit die Funktion) der Nieren beurteilen.
  • Des Weiteren sind Untersuchungen auf Proteine im Urin möglich, was den Verdacht einer Erkrankung verstärkt.

Besteht der Verdacht einer Nierenerkrankung können noch mehr Untersuchungen, wie zum Beispiel die Ermittlung der GFR (Glomeruläre Filtrationsrate) und des UPC (Protein-Kreatinin-Quotient), genau wie als bildgebendes Verfahren der Ultraschall angeschlossen werden.

An diesen Symptomen erkenne ich, dass mein Hund Nierenversagen hat

Häufig sind Hunde mit einer Nierenerkrankung zunehmend:

  • matt
  • wollen nicht mehr so lange Gassi gehen
  • wirken allgemein schlapper
  • schlafen viel

Häufiges Trinken und Wasserlassen sind weitere Anzeichen, dass die Niere nicht mehr richtig arbeitet und mit dem Harn viel Flüssigkeit verloren geht, die durch häufiges Trinken ausgeglichen werden muss (eher bei chronische Patienten).

Bei akuten Fällen kann sich die Erkrankung auch zeigen, indem der Hund über längere Zeit (ab einem halben Tag) gar keinen Urin mehr ausscheidet. Dies ist immer ein absoluter Notfall und sollte unbedingt vom Tierarzt abgeklärt werden.

Nierenerkrankungen können Übelkeit verursachen, weshalb betroffene Hunde auch des Öfteren an Erbrechen oder auch Durchfall leiden. Durch die Übelkeit fehlt den Hunden meistens auch der Appetit und sie fressen nicht mehr so gut wie vorher. Als Folge können einige Hunde somit auch an Gewicht verlieren und abmagern.

Weitere Ursachen für Erbrechen und Durchfall bei ihrem Hund erfahren Sie in den Artikeln:

Auch das Fell betroffener Hunde verändert sich mit fortschreitender Erkrankung und wird zunehmend stumpf.

Hat mein Hund Schmerzen?

Während zum Beispiel als auslösende Ursache Harnsteine bei einer Verstopfung der Harnröhre extreme Schmerzen verursachen kann, macht eine Entzündung der Niere eher einen viszeralen, also inneren, Schmerz.

Die Nierenerkrankung an sich ist nicht direkt massiv schmerzhaft, durchaus aber die Ursachen oder Folgen. Die Übelkeit oder die Anreicherung von harnpflichtigen Substanzen im Blut (Urämie) ist ebenfalls nicht direkt schmerzhaft, lässt den Hund sich allerdings unwohl fühlen, ebenso wie es uns Menschen gehen würde.

So sieht Nierenversagen im Endstadium aus

Im Endstadium eines Nierenversagens sind Hunde zunehmend schlapper, die Gassirunden werden kürzer, sie stehen nur großer Anstrengung auf, trinken quasi durchgehend und pinkeln entsprechend viel. Spätestens jetzt sollte ein Tierarzt aufgesucht werden, da der Hund offensichtlich leidet.

Sollte eine Therapie bereits begonnen haben, muss in diesem Stadium spätestens eine Einschläferung besprochen werden, um dem Hund weiteres Leiden zu ersparen. Bleibt dieses aus verläuft die Krankheit am Ende auf natürlichem Weg tödlich für den Hund.

Wann muss ich zum Tierarzt?

Sollte ihr Hund auffällig viel trinken oder Urin absetzen, dann lohnt sich in jedem Fall der Gang zum Tierarzt und die Abklärung der Ursache. Hier können neben der Nierenerkrankung auch viele andere Ursachen der Grund sein, wie zum Beispiel ein Diabetes Mellitus.

Auch wenn ihr Hund ihnen über mehrere Tage schlapp und schläfrig wirkt, kann dies ein Hinweis sein, dass die Nieren nicht mehr richtig ihre Aufgabe erfüllen können. Hier können aber auch sehr viele andere Dinge ursächlich sein, ein Check-up beim Tierarzt ist aber in jedem Fall sinnvoll.

Ebenfalls sollten sie einen Tierarzt aufsuchen, wenn ihr Hund dauerhaft oder über eine längere Zeit erbricht. Auch hier muss die Nierenerkrankung, ebenso wie andere Ursachen, untersucht werden.

Behandlung / Therapie

Die Behandlung einer Nierenerkrankung richtet sich sehr nach den Symptomen. Eine Therapie für zerstörte Zellen der Nieren gibt es leider nicht, weshalb immer anhand der Symptome eine Behandlung erfolgt.

  • In erster Linie ist es wichtig, dass der Hund auf eine Nierendiät umgestellt wird. So wird der Niere an sich erst einmal etwas Arbeit erspart.
  • Des Weiteren sollte auf jeden Fall auf eine genügende Wasseraufnahme geachtet werden.

Sollte der Hund im Verlauf der Erkrankung einen systemischen Bluthochdruck oder einen Proteinverlust durch die Niere entwickeln, so kann der Tierarzt diesem mit Medikamenten entgegenwirken. Ebenso kann der Tierarzt gegen Übelkeit und Erbrechen Medikamente verschreiben.

Was ist eine Nierendiät?

Unter einer Nierendiät bestimmt man im Wesentlichen eine phosphat- und proteinarme Ernährung.

Proteine beinhalten auf molekularer Ebene immer mindestens einen Stickstoff, welcher im Körper des Hundes zu Harnstoff verstoffwechselt wird. Harnstoff gehört, wie der Name schon sagt, zu den harnpflichtigen Substanzen. Das heißt, er wird über die Nieren mit dem Harn ausgeschieden. Ist die Funktion der Nieren beeinträchtigt, zum Beispiel durch eine Nierenerkrankung, empfiehlt es sich die Proteinzufuhr zu reduzieren, damit im Endeffekt durch den verminderten Anfall von Harnstoff die Niere entlastet wird.

Da die Hauptproteinquelle eines Hundefutters aus dem beinhalteten Fleisch besteht, wird dieses reduziert. Neben dem Phosphat ist auch der Natriumgehalt im Futter vermindert, da die Ausscheidung dieser beiden Stoffe in der Niere gestört sind.

Lesen Sie mehr zu diesem Thema in dem gesonderten Artikel: Nierendiät beim Hund

Diese Hausmittel können helfen

Das beste und einfachste Hausmittel ist Wasser. Ein Hund, der an einer Nierenerkrankung erkrankt ist braucht im Wesentlichen Flüssigkeit, da er über die Niere sehr viel Wasser verliert. Im Übrigen mindert auch bei gesunden Hunden eine regelmäßig gute Wasseraufnahme das Risiko an einer Nierenerkrankung. Zum Beispiel ist hier das Umstellen auf Feuchtfutter oder Versetzen des Futters mit Wasser eine gute Möglichkeit, falls ihr Hund von alleine nicht viel trinken mag.

Homöopathie

Als Ansatz einer homöopathischen Therapie gibt es zum Beispiel eine Ozon-Sauerstoff Therapie. Diese soll immunmodulierend und durchblutungsfördernd sein, ebenso wie aktivierend auf enzymatische Antioxidantien wirken und dadurch allgemein abbauenden Prozessen entgegenwirken.

Eine SUC-Therapie, also einer Kombination dreier Präparate (Solidago comp, Ubichinon comp, Coenzym comp) wird häufig bei Erkrankungen des Harnapparates verwendet und soll laut anwendenden Heilpraktikern einer Nierenerkrankung entgegenwirken.

Lebenserwartung

Die Lebenserwartung eines an einem Nierenversagen erkrankten Hundes richtet sich sehr nach dem Stadium der Krankheit, genauso wie nach der Ursache.

Bei akuten Erkrankungen kann ein sofortiger Tod die Folge sein, es kann aber auch bei einer schnellen Behandlung ein uneingeschränktes Leben möglich sein.

Für chronische Nierenerkrankungen gibt es das sogenannte IRIS-staging (IRIS = International Renal Interest Society). Hierbei wird anhand verschiedener Parameter der Untersuchungen die Erkrankung klassifiziert. Je nach Grad, der sich ergibt ist die Lebenserwartung sehr unterschiedlich einzustufen. Von Wochen oder Monaten bis hin zu Jahren.

Prognose - Wann muss mein Hund eingeschläfert werden?

Die Prognose einer Nierenerkrankung ist zum einen abhängig von der Ursache, zum anderen wie fortgeschritten die Erkrankung schon ist.

Grundsätzlich sind die akuten Nierenerkrankungen eher von einer heftigen Problematik gekennzeichnet, haben aber bei einer schnellen Diagnose und einer entsprechenden Behandlung die besseren Chancen auf ein symptomfreies Leben.

Eine einmal diagnostizierte chronische Nierenerkrankung wird sich unter der Therapie erst einmal verbessern, aber auf Dauer zunehmend schlechter werden. Eine chronische Nierenerkrankung ist immer eine zwar verlängerbare, aber nie heilbare Erkrankung.

Sollte die Nierenfunktion auf ein Level sinken, bei dem der Tierarzt durch therapeutische Maßnahmen den Hund nicht mehr adäquat versorgen kann, so muss man leider über eine Einschläferung nachdenken. Eine Dialyse, wie sie beim Menschen eingesetzt wird, ist beim Hund relativ selten, da es sehr kosten- und zeitintensiv ist und nur wenig tiermedizinische Einrichtungen entsprechendes Material und die nötigen Kenntnisse besitzen. Grundsätzlich ist eine Dialyse als letzte Maßnahme aber genauso beim Hund möglich.

Genauere Informationen über das Einschläfern ihres Hundes erfahren Sie in dem Artikel: Einschläfern des Hundes

Kosten für die Behandlung

Auch bei den Kosten einer Nierenerkrankung kommt es sehr darauf an, ob es zum Beispiel eine akute Nierenerkrankung ist oder eine chronische.

Die akute beinhaltet relativ hohe Kosten für alle eingehenden Untersuchungen und eventuelle stationäre Aufenthalte in einer Tierklinik, wohingegen nach durchgestandener kritischer Phase die Kosten eher weniger hoch sind.

Eine chronische Nierenerkrankung dagegen ist eher auf die Dauer kostenintensiv, da wie bereits beschrieben der Krankheitsverkauf nicht aufzuhalten ist und der Hund regelmäßig bei einem Tierarzt kontrolliert werden sollte (Zum Beispiel regelmäßige Blut- und Urinuntersuchungen, Ultraschall etc.).

Da die Behandlung von sehr vielen Faktoren abhängt ist es sehr schwer die Kosten zu benennen. Je nach Management; Medikamenten, tierärztlichen Leistungen und Futterkosten kann man aber von Kosten ab 500 - 1000 € pro Jahr mindestens ausgehen, Tierärztliche Sonderleistungen wie die Behandlung akuter Schübe oder die Vorstellung im Notdienst einer Tierklinik etc. ausgenommen.

Diese Medikamente können zu Nierenversagen führen

Viele Medikamente, die der Tierarzt verabreicht, werden über die Niere aus dem Körper geschleust und können auf diesem Wege die Niere schädigen, weshalb bei einer bereits geschädigten Niere auf diese Medikamente verzichtet werden sollte.

In die Gruppe der nierenschädigenden Medikamente gehören in erster Linie alle NSAID´s (englisch: non-steroidal anti inflammatory drugs = Nicht-steroidale, entzündungshemmende Medikamente). Dazu gehören zum Beispiel:

  • Metacam
  • Rimadyl

Auch Antibiotika der Aminoglykoside gehören zu den potenziell nierentoxischen Medikamenten. In diese Gruppe fällt zum Beispiel das Gentamycin.

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 28.11.2018 - Letzte Änderung: 10.11.2021