Eine Hündin wird als scheinträchtig bezeichnet, wenn sie nach einer Läufigkeit den Hormonspiegel einer trächtigen Hündin aufweist ohne wirklich trächtig zu sein. Es treten typische Verhaltensänderungen wie Brutpflege- und Nestbauverhalten und oft auch aggressives Verhalten auf. Die Scheinträchtigkeit wird durch erhöhte Prolaktinspiegel ausgelöst, was auch zum Anschwellen des Gesäuges sowie zur Milchproduktion führen kann.
Als Scheinträchtigkeit (lateinisch „Lactatio sine graviditate“) bezeichnet man, wenn eine Hündin nach der Läufigkeit den Hormonhaushalt einer Trächtigkeit aufweist, obwohl kein erfolgreicher Deckakt stattgefunden hat und keine tatsächliche Trächtigkeit vorliegt. Dies geht einher mit typischen Verhaltensänderungen und körperlichen Umstellungen wie der Anbildung eines Gesäuges.
Die Scheinträchtigkeit tritt meist einige Wochen nach der Hitze auf und betrifft häufiger kleinere Hunderassen. Sie äußert sich bei jeder Hündin stark individuell, was eine sichere Erkennung manchmal schwierig gestaltet.
Für die Auslösung einer Scheinträchtigkeit ist hauptsächlich das Hormon Progesteron verantwortlich. Während der Läufigkeit ist dieses Hormon in hohen Konzentrationen vorhanden. Wenn die Läufigkeit zu Ende geht, fällt die Konzentration dieses Hormons sehr stark ab, wodurch ein anderes Hormon die Hauptrolle übernimmt - das Prolaktin. Prolaktin ist verantwortlich für die Ausbildung des Gesäuges, die Milchbildung und das typische Brutpflegeverhalten der Hündin. Ob die Hündin nach der Läufigkeit in eine Scheinschwangerschaft gerät, hängt hauptsächlich davon ab, wie stark der Progesteronspiegel abfällt und wie hoch die Prolaktinkonzentration dadurch wird.
Andere Möglichkeiten, warum der Progesteronspiegel abfallen kann und damit eine Scheinträchtigkeit ausgelöst werden kann, sind zum Beispiel eine Kastration unmittelbar nach der Läufigkeit, nach medikamentellem Einsatz von Progesteron und ähnlichen Wirkstoffen (zur Läufigkeitsunterdrückung) oder der Behandlung mit Antigestagenen (zum Trächtigkeitsabbruch).
Eine typische Verhaltensänderung während der Scheinträchtigkeit einer Hündin ist das sogenannte Nestbauverhalten. Spielzeuge oder Kuscheltiere werden von der Hündin wie Welpen behandelt, sie werden beschützt, verteidigt und in einem Nest (Liegeplatz der Hündin) gewärmt und umsorgt. Es gibt aber auch Hündinnen, bei denen die Verhaltensänderungen anders oder weniger ausgeprägt sind, sowohl aggressives als auch depressives Verhalten kann möglich sein.
Charakteristisch ist die Anschwellung der Gesäuges, leicht zu erkennen an der dicker werdenden Zitzen der Hündin. Das Gesäuge kann vermehrt warm sein und Sekret oder sogar Milch produzieren. Aus den Zitzen kann man dann mit sanftem Druck Flüssigkeit herauspressen, diese kann klar oder milchig weiß sein.
Führt diese sogenannte Pseudolaktation zu einer Entzündung des Milchdrüsengewebes, kann die Hündin Fieber bekommen und zeigt sich matt und abgeschlagen.
Am häufigsten geraten Hündinnen innerhalb der ersten Wochen nach der Läufigkeit in eine Scheinträchtigkeit. Dies kann bei manchen Hündinnen nie geschehen, bei anderen nur einmalig und wieder andere Hündinnen werden nach nahezu jeder Läufigkeit scheinschwanger.
Auch nach der Geburt von Welpen sinkt der Progesteronspiegel natürlicherweise ab und es kann eine Scheinschwangerschaft ausgelöst werden.
Ist die Scheinschwangerschaft nur gering ausgeprägt, so ist meist keine spezielle Behandlung erforderlich und die Symptome klingen innerhalb weniger Wochen von selbst wieder ab.
Zeigt die Hündin das typische Nestbauverhalten, so sollte man Kuscheltiere oder andere Gegenstände, die eventuell zu „Welpen“ umfunktioniert werden könnten, entfernen. Das Lecken der Hündin am Gesäuge sollte verhindert werden, da das Lecken das Saugen der Welpen imitiert und durch eine stärkere Prolaktinausschüttung die Milchproduktion anregt. Hier kann es hilfreich sein, der Hündin einen Body oder ein T-Shirt anzuziehen oder einen Halskragen anzulegen, damit das Lecken auch verhindert wird, wenn man die Hündin nicht unter engmaschiger Beobachtung hat.
Man sollte sich immer bewusst sein, dass die Scheinträchtigkeit das Verhalten der Hündin temporär verändert und die Hündin gegenüber Menschen und anderen Hunden unter Umständen ungewohnt aggressiv reagieren kann. Hier ist es wichtig, als Besitzer eventuell gefährlichen Situationen vorzubeugen und die Hündin für die Dauer der Scheinträchtigkeit besonders aufmerksam zu beobachten und von potentiellen Aggressionsauslösern fernzuhalten. Zeigt eine Hündin Nestbauverhalten und behütet Gegenstände, muss man damit rechnen, dass sie diese auch gegenüber engsten Vertrauenspersonen oder anderen Hunden des Rudels aggressiv verteidigt.
Ein Tierarztbesuch ist in jedem Falle ratsam, wenn das Verhalten der Hündin sehr stark verändert ist oder die Scheinträchtigkeit länger als 2 bis 3 Wochen andauert. Auch wenn es zu einer Gesäugeanbildung und Milchproduktion kommt, sollte die Hündin einem Tierarzt vorgestellt werden, da sich als Folge dessen schnell Gesäugeentzündungen und andere Folgeerkrankungen bilden können.
Der Tierarzt kann medikamentös die Ausschüttung von Prolaktin hemmen und so die Scheinschwangerschaft dämpfen oder beenden.
Auch wenn man eine echte Trächtigkeit nicht ganz sicher ausschließen kann, sollte ein Besuch beim Tierarzt erfolgen und die Trächtigkeit überprüft werden. Eine Therapie gegen Scheinträchtigkeit kann bei einer tatsächlichen Trächtigkeit zum Schwangerschaftsabbruch führen.
Das Wichtigste bei einer Scheinträchtigkeit ist es, das Nestbauverhalten der Hündin möglichst zu verhindern, indem man Spielzeuge entfernt, die Hündin keine Höhle bauen lässt und ähnliche Verhalten verhindert. Ablenkung ist ein gutes Mittel, damit die Hündin sich weniger auf ihrer Muttergefühle konzentriert und die Verhaltensänderungen sich nicht zu stark ausprägen können.
Man kann auch während dieser Zeit die Futtermenge etwas reduzieren, so ist eine Milchproduktion durch die Hündin weniger wahrscheinlich.
Wichtig ist, dass das Gesäuge möglichst wenig stimuliert wird, also das Lecken der Hündin muss verhindert werden und man sollte es ebenfalls vermeiden, die Hündin am Bauch anzufassen oder gar zu streicheln, um die Milchbildung nicht anzuregen. Ist das Gesäuge der Hündin geschwollen, kann man versuchen es mit feuchten Tüchern zu kühlen, damit es nicht zu einer Entzündung kommt.
Es gibt viele verschiedene homöopathische Präparate, die der scheinträchtigen Hündin unterstützend verabreicht werden können. Am häufigsten wird hierbei Pulsatilla verwendet, das sich positiv auf den Hormonhaushalt der Hündin auswirken kann. Weitere Optionen wären beispielsweise auch Sepia, Ignatia und Cyclamen.
Alle diese Mittel werden der scheinträchtigen Hündin über mehrere Tage verabreicht und können so eine Besserung der Symptome bewirken.
Sobald die Hündin eine Gesäugeentzündung bekommt, Fieber entwickelt oder das Verhalten sehr stark beeinträchtig wird, reicht eine homöopathische Behandlung nicht mehr aus und der Tierarzt sollte für eine Therapie hinzugezogen werden.
Eine Scheinträchtigkeit entwickelt sich in den ersten sechs Wochen nach der Läufigkeit und dauert in der Regel zwei bis drei Wochen. Seltener kann die Symptomatik auch bis zu acht Wochen anhalten. Bei länger anhaltenden Scheinträchtigkeiten sollte auf jeden Fall der Tierarzt hinzugezogen werden, ebenso wenn die Scheinträchtigkeit bei einer Hündin sehr häufig nach den Läufigkeiten auftritt.
Man kann die Scheinträchtigkeit oft durch eine Gestagenbehandlung verhindern. Hierbei handelt es sich um eine hormonelle Therapie, die die Läufigkeit der Hündin unterdrückt. Problem ist jedoch, dass es beim Absetzen der Therapie zu einem Progesteronabfall kommt und hierdurch eine Scheinträchtigkeit entstehen kann.
Absolut sicher kann man Scheinträchtigkeit nur durch eine Kastration der Hündin verhindern. Dieser operative Eingriff ist sinnvoll, wenn eine Hündin besonders häufig nach der Läufigkeit in eine Scheinträchtigkeit übertritt oder diese besonders gravierend ist. Ob die Kastration im Einzelfall sinnvoll ist, sollte vorab immer durch das Gespräch mit dem Tierarzt abgewogen werden.
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