Als Epilepsie bezeichnet man wiederkehrende Krampfanfälle, die variable Ursachen haben können. Erkrankungen wie Leberinsuffizienz, Gehirntumore, Blutvergiftung oder Insulinome können Epilepsie beim Hund auslösen. Außerdem können Gifte und Chemikalien sowie einige Medikamente epileptische Anfälle bedingen.
Eine Epilepsie ist charakterisiert durch wiederkehrende Krampfanfälle, die durch spontane Entladungen von Nervenzellgruppen der Großhirnrinde ausgelöst wird. Dies kann sehr variable Ursachen haben. Die Krämpfe werden begleitet von einer Bewusstseinseintrübung. Man unterscheidet eine primäre Epilepsie, die auch idiopathisch oder genetisch genannt wird, von einer sekundären Epilepsie, die auch als symptomatisch oder erworben bezeichnet wird. Auslösend sind Krampfgifte, Traumata oder Stoffwechselstörungen.
Die Epilepsie kann primär oder sekundär sein. Eine primäre Epilepsie ist idiopathisch, also ohne nachweisbare Veränderung im Gehirn und wird bei einigen Rassen vererbt. Man unterscheidet bei den Ursachen der sekundären Epilepsie zwischen intra- und extrakraniellen Ursachen. Ursachen, die gehirnunabhängig (extrakraniell) sind, sind zum Beispiel Hypokalzämie (zu wenig Kalcium im Blut), Hypoglykämie (zu wenig Zucker im Blut bei Insulinomen oder Insulinüberdosierung), Hypoxie (Sauerstoffmangel) oder Gifte wie Organophosphate oder große Mengen Schokolade. Auch Medikamente wie Neostigmin, Metronidazol oder Xylocain können eine Epilepsie auslösen. Im Gehirn (intrakraniell) können Zirkulationsstörungen wie Infarkte oder Thromben Epilepsie ebenso auslösen wie bestimmte Krankheiten, Hirnanomalien, Traumata und Neoplasien.
Eine sekundäre Epilepsie kann aus verschiedenen anderen Krankheiten resultieren: Dazu gehören Infektionen wie Staupe, Toxoplasmose und Neosporose sowie andere Infektionserkrankungen, die Veränderungen im Gehirn verursachen.
Auch die angeborene Anomalie des Hydrozephalus ("Wasserkopf") kann auslösend sein. Dazu kommen Speicherkrankheiten, die sich negativ auf das Gehirn auswirken, und Gerhirntumore. Daneben können Leberinsuffizienzen, eine Blutvergiftung (Sepsis) oder bösartige Tumore der Bauchspeicheldrüse (Insulinome) durch einen langfristig zu geringen Blutzucker Epilepsie bedingen. Auch die Hepatoenzephalopathie (latein: „Krankheit des Gehirns, die durch die Leber hervorgerufen wird“), die meist selbst bereits eine Folgeerkrankung ist, kann durch Schädigung des Gehirns eine Epilepsie auslösen.
Neben Krankheiten und genetischer Vererbung können auch Gifte und Traumata ursächliche Auslöser für eine Epilepsie sein. Chemikalien wie Metaldehyd, Organophosphate und Carbamate sind ähnlich gefährlich wie größere Mengen Blei oder Schokolade. Auch Medikamente wie Neostigmin, Insulin oder Metronidazol können in bestimmten Fällen zu epileptischen Anfällen führen. Dazu kommen Auslöser wie Hyperthermie (erhöhte Temperatur), Hypoxie (zu geringer Sauerstoffgehalt), Hypokalzämie (zu wenig verfügbares Kalzium im Blut), Hypoglykämie (zu niedriger Blutzucker) und Hyperproteinämie (zu viele Lipoproteine im Blut).
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Besonders häufig beschrieben wird ein Auftreten von Epilepsien bei Golden Retriever und Labrador Retriever und Berner Sennenhund. Bei diesen tritt vor allem die genetische primäre Form der Epilepsie auf. Anfälle begleitet von Lecken, Kauen und Fliegenschnappen werden bei Cavalier King Charles Spaniel besonders häufig beschrieben. Die besondere Epilepsie Form der Lafora-Typ-Anfälle kommt besonders häufig beim Beagle und Bassethound vor und hat eine eher schlechte Prognose.
Kommt es einmalig zu einem Krampfanfall spricht man noch nicht von einer Epilepsie, denn jeder Hund kann auf bestimmte Reize mit einem epileptischen Anfall reagieren.
Eine Epilepsie ist dann zu vermuten, wenn es zu wiederkehrenden Anfällen kommt. Weniger schwerwiegend sind Zuckungen einzelner Gliedmaßen oder Muskelgruppen sowie Kieferschlagen und Kopfschütteln. Bei generalisierten Anfällen kommt es zu gleichzeigen Bewusstseinseintrübungen bis zu Bewusstseinsverlust und starken Krämpfen.
Die Anfälle kündigen sich meist durch unruhiges oder untypisches Verhalten einige Stunden vor dem Anfall an. Man spricht von der Prodromalphase und der Aura kurz vor dem Anfall. Der eigentliche Anfall, der Iktus, dauert nur Minuten bis Sekunden. Ist der Anfall vorüber kann es in der Erholungsphase zu Erschöpfung, Erblindung, Ataxie und psychischen Störungen kommen.
Um die Anfälle bei einer Epilepsie unter Kontrolle zu bringen verabreicht man Antiepileptika. Die Dosis eines wirksamen Medikaments darf frühestens nach einem halben Jahr verringert werden und das Medikament darf niemals abrupt abgesetzt werden! Das Mittel erster Wahl bei Epilepsien von Hunden sind heute der relativ neue Wirkstoff Imepitoin oder das schon länger verwendete Phenobarbital. Beide wirken über den sogenannten inhibitorischen GABA-Rezeptor, durch dessen Bindung sie die Anfälle bei der Epilepsie unterbinden. Die beiden Wirkstoffe können auch in Kombination verabreicht werden. Zusätzlich kann zu Phenobarbital auch Kaliumbromid gegeben werden.
Weitere neue aber auch deutlich teurere Antiepileptika sind Levetiracetam, Gabapentin, Zonisamid und Felbamat.
Ein lang anhaltender epileptischer Anfall bzw. mehrere aufeinander folgende Anfälle müssen als Notfall behandelt werden und eine Gabe von Antiepileptika reicht im akuten Zustand nicht aus!
Alte und erprobte Medikamente sind Phenobarbital und Kaliumbromid. Phenobarbital ist heute eins der am häufigsten verwendeten Antiepileptika, da es relativ preiswert ist. Das Präparat Phenoleptil kostet etwa 25€ bei 50 Tabletten mit 25mg Phenobarbital. Die gegebene Dosis liegt bei zwei Gaben täglich mit 2-5mg/kg Körpergewicht des Hundes.
Imepitoin liegt preislich im mittleren Bereich, wohingegen die anderen neueren Antiepileptika relativ teuer sind. Das Präparat mit Imepitoin heißt Perixon. Es wird zweimal täglich mit 10-30mg/kg Körpergewicht gegeben. Eine Packung mit 100 Tabletten à 100mg kosten gut 40€. Neuere Präparate wie das Zonegran mit dem Wirkstoff Zonisamid kosten bereits ca. 35€ bei 28 Hartkapseln mit je 25mg Wirkstoff. Gegeben wird es in 10mg/kg Körpergewicht zweimal täglich.
Um seinen Hund bei einer Epilepsie zusätzlich zu unterstützen, sollte man vor allem vor allem auf eine gute Ernährung achten. Viele Antiepileptika wie Phenobarbital oder Felbamat sind in gewissem Maß lebertoxisch. Daher empfiehlt sich eine Ernährung, die die Leberfunktion unterstützt. Dazu gehört eine etwas proteinärmere Kost. Nützliche Nahrungsergänzungsmittel sind Vitamin E, Melatonin, Taurin, Fischöl, Vitamin B6, Magnesium und Folsäure. Diese sind nicht nur gut für die Leber sondern unterstützen auch die Muskulatur.
Die Aufnahme von viel Wasser ist ebenfalls sehr wichtig. Stress sollte unbedingt vermieden werden und noch mehr als bei anderen Hunden sollte das natürliche Schlafbedürfnis des Hundes erfüllt werden. Auch Routine im Alltag kann Stress reduzieren und das Risiko für epileptische Anfälle in gewissem Maß reduzieren.
Bei epileptischen Anfällen besonders gelobt werden Artemisa vulgaris, der gemeine Beifuß, und Bufo, ein Hautdrüsensekret der Erdkröte. Bufo wird eingesetzt bei Krämpfen sowie bei epileptischen Anfällen. Der Beifuß wird vor allem bei geringgradigen Krampfanfällen verwendet. Zeigen die homöopathischen Mittel keine entsprechende Wirkung, sollte dringend überlegt werden, ob nicht ein Antiepileptikum verwendet werden sollte!
Ein epileptischer Anfall dauert für sich nur Sekunden bis Minuten. In dieser Zeit zeigen sich die typischen Anzeichen mit Muskelzuckungen und Bewusstseinseintrübung.
Der Anfall kündigt sich aber oft schon ein bis zwei Stunden vor dem Anfall durch abnormales Verhalten an. Auch nach dem Anfall kann es noch Stunden dauern bis der Hund sich wieder erholt hat.
Jeder Hund kann theoretisch durch bestimmte Umweltreize wie Reizgase einen einmaligen epileptischen Anfall haben. Zeichnet dieser sich nur durch geringgradige Muskelzuckungen aus, geht schnell vorüber und zeigt der Hund keine längerfristigen Probleme, muss man nicht zwangsläufig zum Tierarzt gehen.
Wiederholen sich die Anfälle jedoch und zeigt der Hund Bewusstseinsausfälle, sollte man einen Tierarzt aufsuchen und den Hund auf eine antiepileptische Therapie einstellen. Eine absolute Indikation zum Tierarzt zu gehen ist außerdem der sogenannte Status epilepticus. Dies ist ein lang andauernder Anfall oder mehrere schnell aufeinander folgende Anfälle. Dieser Zustand ist ein lebensbedrohlicher Notfall und muss unbedingt bei einem Tierarzt behandelt werden.
Die Diagnose einer primären Epilepsie wird durch Ausschlussverfahren von anderen möglichen Krankheiten gestellt. Das bedeutet, die klinischen Symptome lassen einen klaren Verdacht auf eine Epilepsie zu.
An weiteren Untersuchungsmethoden können eine Liquoruntersuchung sowie bildgebende Verfahren wie CT, MRT und EEG genutzt werden. Mit diesen wird versucht, die Ursache der Epilepsie herauszufinden.
Ob man seinen Hund mit Epilepsie alleine lassen sollte oder nicht, hängt von dem Schweregrad und der Ausprägung der epileptischen Anfälle ab und liegt im Endeffekt im Ermessen des Hundebesitzers. Man kann natürlich argumentieren, dass man dem Hund im Falle eines Anfalls eh nicht helfen kann, sollte sich aber immer auch bewusst sein, dass ein unbemerkter Status epilepticus zu Tod führen kann.
Oft suchen die Hunde vor einem Anfall auch Nähe und Unterstützung bei dem Besitzer. Einen bereits sicher und lange medikamentös eingestellten Hund kann man sicher besseren Gewissens einige Stunden allein lassen, als einen Hund, der noch häufiger Anfälle erleidet.
Auch ein Hund mit Epilepsie kann ein normal hohes Alter erreichen und bis zum Tod mit recht hoher Lebensqualität leben. Man sollte sich nur im Klaren darüber sein, dass die Epilepsie eine Erkrankung ist, die ein Leben lang bestehen bleibt. Ein Leben ohne Medikamente wird für den Hund nicht mehr möglich sein und auch die Anfälle lassen sich nicht hundertprozentig durch Antiepileptika unterdrücken.
Schlechter wird die Prognose, wenn der Hund schlecht auf die Medikamente anspricht. Manche Hunde erweisen sich sogar als therapieresistent. Das bedeutet, dass man die Anfälle auch medikamentös nicht unterdrücken kann. In diesem Fall muss über eine Euthanasie nachgedacht werden, wenn es zu häufig auftretenden Krampfanfällen kommt.
Ob man den Hund nach der Diagnose Epilepsie einschläfern lassen muss oder ob dieser noch viele Jahre glücklich leben kann trotz der Erkrankung hängt ganz vom Erfolg der medikamentösen Einstellung ab. Dass man sich eine Therapie mit Antiepileptika nicht leisten kann, ist laut Tierschutzgesetz zunächst kein Grund, einen Hund einschläfern zu lassen.
Anders sieht es aus, wenn der Hund auf verschiedene Medikamente nicht anspricht und sich über einen längeren Zeitraum nicht einstellen lässt und immer wieder an schmerzhaften Krampfanfällen leidet. In diesem Fall sollte darüber nachgedacht werden, den Hund zu erlösen. Bedacht werden muss aber, dass eine Einstellung auf die Medikamente immer bis zu einem Jahr dauert!
Natürlich verursacht ein Hund, der an Epilepsie erkrankt ist, fortan laufende Kosten. Der Hund muss beim Tierarzt vorstellt werden, welcher den Hund zunächst untersucht (ca. 30-50€) und dann eine Behandlungsstrategie mit dem Besitzer bespricht. Sinnvoll ist es, wenn der Besitzer zum Gespräch ein Video von den epileptischen Anfällen, die der Hund bereits gezeigt hat, mitbringt, damit der Tierarzt sich ein besseres Bild vom Zustand des Hundes machen kann.
Um die Epilepsie zu diagnostizieren und eine eventuelle Ursache ausfindig zu machen können Liquor untersucht, MRT und CT gemacht werden. Jede dieser Untersuchungen kostet ein paar hundert Euro. Im weiteren Verlauf muss der Hund unter Kontrolle der Serumkonzentration des antiepileptischen Wirkstoffs medikamentös eingestellt werden. Dafür muss eine Blutabnahme und -analyse (ca. 20-60€) sowie jeweils eine Folgeuntersuchung (ca. 20€) durchgeführt werden. Dazu kommt die lebenslange medikamentöse Behandlung mit Antiepileptika (ca. 40€ pro Tablettenpackung). Auch der später gut eingestellte Hund sollte immer wieder beim Tierarzt zur Kontrolle vorgestellt werden!
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